Liebe in Zahlen: So wahrscheinlich ist die Scheidung
Ehen beginnen oft voller Hoffnung, doch die Statistik spricht eine deutliche Sprache. Um Liebe in Zahlen auszudrücken, gibt es verschiedene Kennzahlen und Möglichkeiten. Dabei ist es hilfreich einen Blick hinter diese «Liebeszahlen» zu werfen. In Liechtenstein wurden bis anhin zwei zentrale Kennzahlen verwendet: die Scheidungsrate, die (rohe) Scheidungsziffer. Neu wird erstmals die zusammengefasste Scheidungsziffer berechnet. Diese neue Kennzahl beleuchtet das Thema Scheidung aus einer anderen Perspektive und ermöglicht eine differenzierte Analyse der Entwicklung über die Zeit.
44% Zusammengefasste Scheidungsziffer 2024
Die Scheidungen in Liechtenstein werden durch das Zivilstandsamt im Register eingetragen und beziehen sich nur auf Personen der ständigen Bevölkerung Liechtensteins. Die Scheidungsrate definiert sich als das Verhältnis der mittleren Anzahl der Ehescheidungen von Männern und Frauen zu der mittleren Anzahl der Eheschliessungen von Männern und Frauen im gleichen Jahr. Dieser Wert liegt im Jahr 2024 in Liechtenstein bei 49.6%. Allerdings ist das Zusammenspiel der beiden Werte zu berücksichtigen: Sinken die Eheschliessungen, steigt die Scheidungsrate automatisch. Damit ist die Scheidungsrate nur begrenzt aussagekräftig, wenn es darum geht einzuschätzen, ob neue Ehen tatsächlich halten.
Die Scheidungsziffer hingegen setzt die mittlere Anzahl der Ehescheidungen von Männern und Frauen in einem bestimmten Kalenderjahr in Relation zur mittleren ständigen Bevölkerung und wird je 1’000 Personen angegeben. Sie zeigt, wie viele Scheidungen in einem Jahr auf die Bevölkerung entfallen. Der Vorteil dieser Kennzahl liegt auf der Hand: Sie ist leicht verständlich und ermöglicht einen guten Vergleich zwischen Jahren und Ländern, da sie unabhängig von der Grösse einzelner Jahrgänge oder kurzfristigen Schwankungen der Eheschliessungen ist. Gleichzeitig hat die Scheidungsziffer aber auch eine Einschränkung: Sie bezieht sich auf die gesamte Bevölkerung – also auch auf Personen, die gar kein Scheidungsrisiko haben, wie Kinder oder Unverheiratete. Damit zeigt sie zwar, wie viele Scheidungen relativ zur Bevölkerung stattfinden, liefert jedoch keine direkte Aussage darüber, wie hoch das individuelle Scheidungsrisiko einer verheirateten Person ist.
Am aussagekräftigsten ist deshalb die zusammengefasste Scheidungsziffer. Sie summiert die ehedauerspezifischen Scheidungsraten über alle Jahre einer Ehe. Unter der Annahme, dass das aktuelle Scheidungsverhalten konstant bleibt, gibt die zusammengefasste Scheidungsziffer an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Ehe irgendwann geschieden wird. In Liechtenstein liegt diese Kennzahl 2024 bei etwa 44%, was bedeutet, dass langfristig fast jede zweite Ehe geschieden wird.
Diese Kennzahlen machen deutlich: Scheidung ist kein Einzelfall, sondern ein statistisch häufiges Ereignis.
Ein Blick über die Grenzen – die aktuellsten Zahlen liegen für das Berichtsjahr 2023 vor – zeigt interessante Unterschiede: Während die zusammengefasste Scheidungsziffer in Liechtenstein bei rund 48% liegt, ist sie in den Nachbarländern wie der Schweiz mit 38% oder in Österreich mit 36% deutlich niedriger. In Deutschland liegt der Wert bei 28%, was bedeutet, dass nur jede vierte Ehe geschieden wird. Es ist aber zu berücksichtigen, dass bei der Berechnung teilweise Ehen, welche bereits länger als 25 Jahre bestand haben, unterschiedlich in die Berechnungen einfliessen. Zudem werden auch gleichgeschlechtliche Ehen in den Ländern unterschiedlich behandelt. Dennoch macht ein Ländervergleich deutlich, dass Scheidungsrisiken nicht nur individuell, sondern auch gesellschaftlich geprägt sind.