Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen
Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Liechtensteins (VGR FL) vermittelt ein umfassendes Bild der wirtschaftlichen Vorgänge in Liechtenstein und dient als Grundlage für eine Vielzahl von Analysen.
Liechtensteinische Volkswirtschaft schrumpft
28.11.2024 - Die liechtensteinische Wirtschaft hat sich im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr abgeschwächt, nachdem sie im Jahr 2021 noch kräftig gewachsen war.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Liechtensteins betrug im Jahr 2022 rund CHF 7.0 Mrd. Gegenüber dem Vorjahr ging das nominale BIP um -2.6% zurück. Im Jahr 2021 war das BIP noch um 20.2% gewachsen und hatte sich von den vorangegangenen Krisenjahren vollständig erholt. Das BIP misst die Produktionsleistung eines Landes. Das Bruttonationaleinkommen (BNE) sank im Jahr 2022 um -3.9% auf rund CHF 5.9 Mrd. Das BNE umfasst die Einkommen der Unternehmen, des Staates und der Einwohnerinnen und Einwohner aus Arbeit und Vermögen.
Produktionsleistung rückläufig
Als Mass für die Produktionsleistung einer Volkswirtschaft dient das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das BIP umfasst im Wesentlichen die in Geld ausgedrückte Wertschöpfung, die durch die Produktionstätigkeit gebietsansässiger Einheiten während eines Jahres entstanden ist.
Das BIP der liechtensteinischen Volkswirtschaft war im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um -2.6% auf CHF 7‘044.9 Mio. gesunken. Dieser Rückgang folgte auf eine starke Erholung im Jahr 2021 von 20.2% und den vorangegangenen Wachstumseinbrüchen in den Pandemiejahren (2019: -2.3%, 2020: -6.0%).
Das BIP pro Beschäftigten (umgerechnet auf Vollzeitäquivalente im Jahresdurchschnitt) lag im Jahr 2022 bei rund 199‘000 Franken, gegenüber 214'000 Franken im Vorjahr. Dies entspricht einem Rückgang des BIP pro Beschäftigten von -7.1%. Ländervergleiche mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner führen im Falle Liechtensteins zu irreführenden Ergebnissen. Aufgrund des hohen Anteils der im Ausland wohnhaften Arbeitskräfte an der Gesamtzahl der Beschäftigten in Liechtenstein – Ende 2022 betrug ihr Anteil 57% – lässt das BIP keine Rückschlüsse auf die Einkommenssituation der liechtensteinischen Bevölkerung zu. Für den Vergleich mit anderen Ländern eignet sich daher das BIP pro Beschäftigten, da alle in Liechtenstein arbeitenden Personen zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts beitragen.
Die Arbeitsproduktivität, gemessen als Bruttowertschöpfung pro Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten, sank um -6.8% auf rund 192'000 Franken im Jahr 2022. Die Bruttowertschöpfung pro Beschäftigten misst die Arbeitsproduktivität und drückt damit aus, wie effizient der Produktionsfaktor Arbeit im Produktionsprozess eingesetzt wird.
Einblick in die Struktur der Volkswirtschaft
Die Wertschöpfung, brutto ist der Wert, der von sämtlichen Einheiten geschaffen wird, die eine Produktionstätigkeit ausüben. Die Summe der Wertschöpfungen aller Sektoren, zuzüglich der Gütersteuern, abzüglich der Gütersubventionen, ergibt das Bruttoinlandsprodukt.
Die Aufgliederung der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung nach institutionellen Sektoren gibt einen Einblick in die Struktur der Wirtschaft. Der Sektor der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften leistete mit 77% den grössten Beitrag zur Wertschöpfung im Jahr 2022. 7% der Wertschöpfung entfielen auf den Sektor der finanziellen Kapitalgesellschaften. Finanzielle Kapitalgesellschaften sind vor allem Banken und Versicherungen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Die restlichen 15% der Wertschöpfung verteilten sich auf den Sektor Staat mit 7% und die Sektoren Private Haushalte und Private Organisationen ohne Erwerbszweck mit 8% der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung.
Die Bruttowertschöpfung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften belief sich im Jahr 2022 auf CHF 5‘252.6 Mio. (+0.5%), jene der finanziellen Kapitalgesellschaften auf CHF 508.1 Mio. (-35.2%) und jene der privaten Haushalte und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck auf CHF 575.0 Mio. (+18.6%). Der Sektor Staat erwirtschaftete CHF 454.6 Mio. (+1.2%).
Mehr als ein Drittel der gesamten Bruttowertschöpfung entfällt auf drei Wirtschaftszweige
Im Jahr 2022 ist die Bruttowertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um -2.2% zurückgegangen. Im vorangegangenen Boomjahr 2021 hatte die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung um 19.5% zugenommen. Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung belief sich im Jahr 2022 auf CHF 6‘790.4 Mio. Davon entfielen CHF 2‘862.3 Mio. (-2.9%) auf den Industriesektor und CHF 3‘916.0 Mio. (-1.7%) auf den Dienstleistungssektor. Der Landwirtschaftssektor erwirtschaftete CHF 12.1 Mio. (+3.7%).
Die drei bedeutendsten Wirtschaftszweige der liechtensteinischen Wirtschaft trugen im Jahr 2022 zusammen deutlich mehr als ein Drittel (38.7%) zur gesamten Wertschöpfung bei. Auf den mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweig, den Maschinenbau, entfiel ein Anteil von 20.0%. Der Wirtschaftszweig Rechts-, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung trug 9.4% und der Handel trug 9.3% zur gesamten Bruttowertschöpfung bei.
Im Industriesektor blieb die Bruttowertschöpfung des grössten Industriezweiges, dem Maschinenbau, beinahe unverändert (-0.2%). Mit CHF 1‘359.0 Mio. erwirtschaftete der Maschinenbau fast die Hälfte (47.5%) der Bruttowertschöpfung des gesamten Industriesektors.
Die Entwicklung der Wertschöpfung im Jahr 2022 der beiden Schwergewichte des Dienstleistungssektors, der Wirtschaftszweige „Rechts-, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung“ (CHF -18.5 Mio. bzw. -2.8%) und „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ (CHF +156.5 Mio. bzw. +33.1%), verlief gegenläufig. Die Gesamtwertschöpfung dieser beiden Wirtschaftszweige belief sich im Jahr 2022 auf CHF 1‘267.7 Mio., was rund einem Drittel (32.4%) der Wertschöpfung des Dienstleistungssektors entspricht.
Die Einkommensseite der liechtensteinischen Volkswirtschaft
Das Bruttonationaleinkommen (BNE) gibt die Primäreinkommen wieder, die den gebietsansässigen Unternehmen und Organisationen, dem Staat und den Einwohnerinnen während eines Jahres aus ihrer Produktionstätigkeit und ihrem Vermögen zugeflossen sind. Das BNE wird vor Abzug der Abschreibungen erfasst und zu Marktpreisen bewertet, d.h. einschliesslich der Produktions- und Importabgaben, aber ohne Subventionen.
Das BNE ist im Jahr 2022 um -3.9% auf CHF 5‘864.8 Mio. gesunken. Im Jahr 2021 hatte es noch CHF 6‘102.3 Mio. betragen. Das BNE umfasst die Einkommen der Unternehmen, des Staates und der Einwohnerinnen und Einwohner aus Arbeit und Vermögen. Rein rechnerisch wird das BNE ermittelt, indem der Saldo aus Arbeits- und Vermögenseinkommen zwischen In- und Ausländern zum BIP addiert wird.
Das Bruttonationaleinkommen pro Kopf betrug im Berichtsjahr rund 149‘000 Franken gegenüber 156‘000 Franken im Vorjahr.
Kapitalgesellschaften reduzieren Reserven
Im Unterschied zum Bruttonationaleinkommen zeigt das Volkseinkommen die Primäreinkommen nach Abzug der Abschreibungen und bewertet sie zu Faktorkosten, d.h. einschliesslich der Subventionen, aber ohne Produktions- und Importabgaben.
Die Volkseinkommenskonto gibt Auskunft über die Struktur der Einkommensseite. Es zeigt, welche Anteile des Volkseinkommens auf die privaten Haushalte, die Kapitalgesellschaften und den Staat entfallen. Die privaten Haushalte erhielten im Jahr 2022 76% (2021: 59%) des Volkseinkommens in Form von Arbeitnehmerentgelten, Vermögenseinkommen und Betriebsüberschüssen der Selbstständigen. Den Kapitalgesellschaften flossen 22% (39%) des Volkseinkommens aus ihrer Unternehmertätigkeit und ihrem Vermögen zu. Dem Staat flossen 2% (2%) des Volkseinkommens in Form von Vermögenseinkommen zu. Es ist zu beachten, dass diese Aufschlüsselung die primären Einkommensströme vor Steuern und vor staatlichen Transfers wie Renten und Sozialleistungen darstellt und noch keine Informationen über das verfügbare Einkommen der einzelnen Gruppen liefert.
Im Jahr 2022 flossen 76% (2021: 59%) des Volkseinkommens oder CHF 3‘445.2 Mio. (CHF 2‘872.8 Mio.) an die privaten Haushalte. Das Einkommen der privaten Haushalte setzt sich aus dem Arbeitnehmerentgelt, dem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit und dem Vermögenseinkommen zusammen. An Arbeitnehmerentgelt erhielten die privaten Haushalte CHF 2‘364.7 Mio. (CHF +166.9 Mio. bzw. +7.6%) und das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit erreichte CHF 68.5 Mio. (CHF +4.9 Mio. oder +7.8%). Die Vermögenseinkommen der privaten Haushalte nahmen im Berichtsjahr ebenfalls zu (CHF +400.6 Mio. bzw. +65.5%) und beliefen sich auf CHF 1‘011.9 Mio. Als Vermögenseinkommen beziehen die privaten Haushalte hauptsächlich Kapitalerträge in Form von Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen.
Im Berichtsjahr entfielen 24% des Volkseinkommens auf die Kapitalgesellschaften und den Staat. Im Jahr 2021 waren es noch 41% gewesen. Dies ist auf den Abbau der Reserven der Kapitalgesellschaften zurückzuführen. Die unverteilten Einkommen der Kapitalgesellschaften gingen von CHF 1‘636.9 Mio. im Jahr 2021 auf CHF 722.6 Mio. im Jahr 2022 zurück. Die direkten Steuern der Kapitalgesellschaften blieben im Berichtsjahr mit einem leichten Rückgang von CHF -0.2 Mio. praktisch unverändert und beliefen sich auf CHF 260.2 Mio. Das gesamte unverteilte Einkommen der Kapitalgesellschaften (inkl. direkte Steuern der Kapitalgesellschaften) betrug im Jahr 2022 CHF 982.8 Mio. gegenüber CHF 1‘897.4 Mio. im Vorjahr. An Vermögenseinkommen flossen dem Staat im Jahr 2022 CHF 106.8 Mio. zu, gegenüber CHF 106.9 Mio. im Vorjahr.
Das Volkseinkommen pro Kopf der Bevölkerung betrug im Jahr 2022 rund 115‘000 Franken. Im Vorjahr waren es noch 125‘000 Franken gewesen.
Anteil des Industriesektors in Liechtenstein deutlich höher
Die Schweiz verzeichnete im Jahr 2022 einen Anstieg des BIP um 6.2% und des Bruttonationaleinkommens um 7.1%. Die Bruttowertschöpfung Liechtensteins betrug im Jahr 2022 rund CHF 6.8 Mrd. Die Bruttowertschöpfung der Schweizer Volkswirtschaft war mit CHF 769.9 Mrd. 113 Mal grösser als diejenige Liechtensteins. In Liechtenstein hat der Industriesektor nach wie vor einen sehr hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung. Im Jahr 2022 lag dieser Anteil mit 42.2% rund 17 Prozentpunkte höher als in der Schweiz. Die Dienstleister trugen in Liechtenstein 57.7% zur gesamten Wertschöpfung bei. In der Schweiz lag der Wertschöpfungsanteil des Sektors 3 bei 74.2%. Der Wertschöpfungsanteil des Landwirtschaftssektors betrug in Liechtenstein 0.2% und in der Schweiz 0.6%.
Verarbeitendes Gewerbe und Herstellung von Waren in Liechtenstein stark
Vergleicht man die Bruttowertschöpfung der beiden Länder nach Wirtschaftszweigen, so sticht der NOGA-Abschnitt Verarbeitendes Gewerbe und Herstellung von Waren hervor. Mit rund 37% ist der Anteil in Liechtenstein über 18 Prozentpunkte höher als in der Schweiz. Der NOGA-Abschnitt „Handel; Instandhaltung, Reparatur von Kraftfahrzeugen“ ist in der Schweiz deutlich stärker vertreten. Mit rund 16% ist der Anteil in der Schweiz beinahe 7 Prozentpunkte höher als in Liechtenstein. Der NOGA-Abschnitt „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ umfasst die Produktion des Staatssektors. Hier liegt der Anteil im Fürstentum Liechtenstein bei rund 6% in Liechtenstein und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei rund 10%.
Die erste Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Liechtensteins (VGR FL) wurde im November 2000 zu den wirtschaftlichen Aktivitäten des Jahres 1998 publiziert. Mittlerweile können die Ergebnisse über einen Zeitraum von 25 Jahren betrachtet werden.
Das BIP misst den Gesamtwert der Produktion in einem bestimmten Zeitraum. Der betrachtete Zeitraum ist häufig ein Jahr. Ändert sich das BIP von einem Jahr zum anderen, so spricht man je nach Vorzeichen von positivem oder negativem Wachstum. Die Grafik zeigt die Entwicklung des BIP von 1998 bis 2022, aufgeteilt in drei Perioden. Von 1998 bis 2005 ist das BIP mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 3.4% pro Jahr deutlich gewachsen. Im Zeitraum 2005 bis 2013 lag die Wachstumsrate bei 2.0% pro Jahr und im Zeitraum 2013 bis 2022 bei durchschnittlich 1.9% pro Jahr.
eTab – interaktive Tabellen
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen - ESVG 2010 (seit 2013)
301.101 Hauptaggregate und -indikatoren der VGR seit 2013 301.102 Kontensystem der gesamten Volkswirtschaft zu laufenden Preisen seit 2013 301.103 Produktionskonto zu laufenden Preisen seit 2013 nach Sektor 301.104 Einkommensentstehungskonto zu laufenden Preisen seit 2013 nach Sektor 301.105 Einkommensverteilungskonto zu laufenden Preisen seit 2013 nach SektorVolkswirtschaftliche Gesamtrechnungen - ESVG 1995 (1998 – 2013)
301.001d Hauptaggregate und -indikatoren der VGR 1998 - 2013 301.002d Kontensystem der gesamten Volkswirtschaft zu laufenden Preisen 1998 - 2013 301.003d Produktionskonto zu laufenden Preisen 1998 - 2013 nach Sektor 301.004d Einkommensentstehungskonto zu laufenden Preisen 1998 - 2013 nach Sektor 301.005d Einkommensverteilungskonto zu laufenden Preisen 1998 - 2013 nach SektorMethodik & Qualität
Zweck dieses Dokuments ist es, den Nutzerinnen und Nutzern Hintergrundinformationen über die Methodik und die Qualität der statistischen Informationen zu bieten. Dies ermöglicht, die Aussagekraft der Ergebnisse besser einzuschätzen.
Der Abschnitt über die Methodik orientiert zunächst über Zweck und Gegenstand der Statistik und beschreibt dann die Datenquellen sowie die Datenaufbereitung. Es folgen Angaben zur Publikation der Ergebnisse sowie wichtige Hinweise.
Der Abschnitt über die Qualität basiert auf den Vorgaben des Europäischen Statistischen Systems über die Qualitätsberichterstattung und beschreibt Relevanz, Genauigkeit, Aktualität, Pünktlichkeit, Kohärenz und Vergleichbarkeit der statistischen Informationen.
Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Liechtensteins (VGR FL) vermittelt ein umfassendes Bild der wirtschaftlichen Vorgänge in Liechtenstein und dient als Grundlage für eine Vielzahl von Analysen. Die VGR FL stützt sich auf Verwaltungsdaten, die unter anderem im Zuge der Steuerveranlagung anfallen. Wie international üblich, werden zunächst die provisorischen Ergebnisse publiziert, um sie ein Jahr später aufgrund zusätzlicher Detailinformationen zu überarbeiten und als definitive Ergebnisse vorzulegen.
Internationale Datenbanken
Das Amt für Statistik liefert die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Liechtensteins jährlich an Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, und an die Statistikabteilung der Vereinten Nationen. Die Datenbanken dieser Organisationen sind online abrufbar und enthalten neben den Hauptaggregaten auch detaillierte Tabellen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der meisten Länder und Regionen der Welt. Für internationale Vergleiche werden die Wirtschaftsaggregate idealerweise zunächst in eine gemeinsame Währung umgerechnet, wobei die unterschiedlichen Preisniveaus der einzelnen Länder für Wohlstandsvergleiche berücksichtigt werden.
Weiterführende Informationen
Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen - ESVG 2010Liechtensteinische Volkswirtschaft stagniert
15.03.2024 - Gemäss ersten Berechnungen des Amtes für Statistik stagnierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu laufenden Preisen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr (-0.2%). Angesichts einer durchschnittlichen Jahresteuerung von 2.8 % im Jahr 2022 schrumpfte die Wirtschaftsleistung Liechtensteins gegenüber dem wachstumsstarken Jahr 2021.
Negatives Wirtschaftswachstum
Im Jahr 2022 betrug das BIP-Wachstum zu laufenden Preisen -0.2%. Ein Jahr zuvor war das nominale BIP um 17.2% gestiegen und hatte sich damit trotz der anhaltenden Pandemiesituation rasch von dem deutlichen Rückgang im Jahr 2020 (-5.9 %) erholt.
Die erste Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Liechtensteins (VGR FL) wurde im November 2000 zu den wirtschaftlichen Aktivitäten des Jahres 1998 veröffentlicht. Inzwischen können die Ergebnisse über einen Zeitraum von 25 Jahren betrachtet werden. Mit dem BIP wird der Gesamtwert der Produktion in einem bestimmten Zeitraum gemessen. Der betrachtete Zeitraum ist häufig ein Jahr. Verändert sich das BIP von einem Jahr zum nächsten, spricht man je nach Vorzeichen der Veränderung von einem positiven oder negativen Wachstum. Im Zeitraum von 1998 bis 2013 wuchs das BIP um durchschnittlich 2.7% pro Jahr. Für den in der Grafik dargestellten Zeitraum von 2013 bis 2022 liegt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate noch bei 1.9% pro Jahr.
BIP auf Vorjahresniveau
Gemäss ersten Berechnungen liegt das nominale BIP im Jahr 2022 bei rund CHF 7.0 Mrd. und bleibt damit auf dem Niveau des Vorjahres, was bei einer durchschnittlichen jährlichen Inflation von 2.8 % im Jahr 2022 einen Rückgang des nominalen BIP bedeutet.
Das BIP dient als Mass für die Produktionsleistung einer Volkswirtschaft. Das BIP umfasst im Wesentlichen die in Geld ausgedrückte Wertschöpfung, die durch die Produktionstätigkeit der gebietsansässigen Einheiten während eines Jahres entstanden ist.
Methodik der Schätzrechnung
Kurzbeschrieb
Die BIP-Schätzrechnung stützt sich im Wesentlichen auf die Daten der Steuerverwaltung zu den steuerpflichtigen Unternehmen, soweit diese zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegen, sowie auf die Rechnungsergebnisse der Einheiten im Sektor Staat (Land, Gemeinden, Sozialversicherungen) und der Versicherungen. Der BIP-Beitrag der steuerpflichtigen Unternehmen, die von der Steuerverwaltung noch nicht erfasst wurden, wird auf der Basis der Vorjahresergebnisse hochgerechnet. Zum Zeitpunkt der Schätzrechnung fehlen auch noch die Rechnungsergebnisse einiger grosser Unternehmen.
Der Wertschöpfungsbeitrag der steuerpflichtigen Unternehmen zum BIP liegt bei rund 75% bis 80%, während der Sektor Staat einen Beitrag zwischen 7% und 8% der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung abdeckt. Die Versicherungen tragen zwischen 1% und 4% zur Wertschöpfung bei. Insgesamt sind damit bereits Basisdaten zu mehr als 90% des BIP in die Schätzrechnung eingeflossen. Die restlichen 7% bis 9% der Wertschöpfung entfallen auf die Landwirtschaft, die privaten Haushalte und die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck. Für diese Einheiten werden die Vorjahresergebnisse verwendet, sofern nicht bereits aktuelle Ergebnisse vorliegen.
Datensituation
Die verschiedenen Basisdaten für die Berechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) stehen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Verfügung. Die Angaben zum Sektor Staat liegen acht Monate nach Abschluss des Berichtsjahres vollständig vor und können deshalb bereits für die Schätzrechnung im Kontensystem erfasst werden. Anders verhält es sich mit den Daten der steuerpflichtigen Unternehmen. Diese müssen ihre Steuererklärungen innert sechs Monaten nach Bilanzstichtag bei der Steuerverwaltung einreichen. In begründeten Fällen gewährt die Steuerverwaltung Fristverlängerungen von bis zu sechs Monaten. Somit kann die Steuerverwaltung frühestens nach einem Jahr erste vorläufige Daten für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bereitstellen. Zum Zeitpunkt der BIP-Schätzrechnung liegen in der Regel die Ergebnisse der 25 grössten steuerpflichtigen Unternehmen überprüft vor. Diese 25 grossen Unternehmen erwirtschaften mehr als 40% der Wertschöpfung der steuerpflichtigen Unternehmen. Die Daten der zum Zeitpunkt der Schätzrechnung vorliegenden Unternehmen fliessen vollständig in die Schätzrechnung ein. Die Ergebnisse der übrigen noch nicht erfassten Unternehmen werden mittels eines Hochrechnungsfaktors auf der Basis der Vorjahresergebnisse geschätzt.
Genauigkeit
Bei der BIP-Schätzung wurde aufgrund der durchgeführten Testrechnungen von einer Genauigkeit von +/– 3% ausgegangen. Die erste BIP-Schätzrechnung wurde für das Berichtsjahr 2007 durchgeführt. Für die BIP-Schätzrechnung 2010 wurde die Methode für das Berechnungsverfahren verfeinert und die Datenerfassung für den Versicherungsbereich ausgebaut. Die BIP-Schätzung 2021 lag um -6.8% unter dem provisorischen BIP der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung 2021 und erreichte somit die erforderliche Genauigkeit nicht.
Der für die BIP-Schätzrechnung 2021 verarbeitete Steuerdatensatz enthielt auch erste vorläufige Daten eines grossen Konzernunternehmens, dessen Umstrukturierung und die des Konzerns im Berichtsjahr abgeschlossen wurden. Die Daten der Konzerngesellschaft führten zu einer Unterschätzung der Gesamtwertschöpfung in Liechtenstein und damit zu einer erheblichen Verzerrung der Berechnung der BIP-Schätzung 2021. Die in der VGR 2021 verwendeten definitiven Daten der Konzerngesellschaft wirkten sich positiv auf die Wertschöpfung in Liechtenstein aus. Ohne diesen Fehler wäre die geschätzte Berechnung für 2021 nur um -2.2% vom vorläufigen BIP der VGR abgewichen.